Frei laut Avers Teil I
Mit der Einführung des Portofreiheitsgesetzes zum 1. Januar 1870 endete die Portofreiheit der Dienstkorrespondenz von Landes- und Kommunalbehörden im Norddeutschen Postbezirk, der nach der Reichsgründung im Reichspostgebiet aufging. Ab diesem Zeitpunkt mussten Sendungen, die behördliche Angelegenheiten betrafen, frankiert werden, sei es im Voraus durch Aufkleben von Marken durch den Beamten, oder am Postschalter durch den Postbediensteten. Zumindest hatte die Aufgabe der unfrankierten Korrespondenz am Schalter den Vorteil, dass keine Marken „abgezweigt“ werden konnten und seitens der Behörden keine Kenntnis der Tarife nötig war.
Allerdings bestand die Möglichkeit mit der Zahlung einer Jahresgebühr an die Postverwaltung Porto und Gebühren pauschal zu entrichten. Dann wurden gewöhnlich während einer definierten Zeitspanne die Postgebühren seitens der Post sowie der aufgebenden Behörden notiert und am Ende zusammengerechnet und verglichen. Aus dieser Summe wurde dann die Ablösungssumme berechnet. Vertraglich wurde auch festgelegt, welche Behörden an dem sogenannten Aversverfahren teilnahmen und natürlich welche Dienstleistungen/Gebühren unter die Vereinbarung fielen. Gekennzeichnet wurden die Sendungen von den Absendern mit dem Vermerk „Frei laut Avers“ sowie einer bei Vertragsabschluss vergebenen Nummer.
Von dieser Möglichkeit machten verschiedene Bundesstaaten bzw. Reichsbehörden Gebrauch, sogar das Direktorium des Großen Militärwaisenhauses in Berlin nutzte diese Möglichkeit. Bei Beendigung dieser pauschalen Entrichtung der Gebühren im Jahr 1920 gab es 34 Verträge dieser Art. Daneben sind weitere Verträge ohne Nummernvergabe bekannt.
Hier ein Brief mit Zustellurkunde einer Reichsbehörde, der Reichsanwaltschaft mit der Vertragsnummer 27. Sowohl das Porto für die Zusendung des Briefes als auch die Gebühr für die Zustellung der Urkunde sowie deren Rücksendung waren durch den Vertrag abgelöst.
Nachfolgend ein „Klassiker“ der nicht pauschal abgegoltenen Gebühren.
Ein Brief „Frei laut Avers Nr. 21“ mit der Zusatzleistung Eilboten. Die Vertragsnummer 21 ist sehr häufig, schließlich galt sie für die Behörden in Preußen. Das Porto für die Beförderung des Briefs war durch die Zahlung der Pauschalsumme abgegolten, jedoch nicht die Eilbotengebühr, diese war nicht inbegriffen, sondern musste gesondert bezahlt werden.
Mit einer Germania-Marke der Reichspostausgabe frankiert, ist diese Kombination nicht häufig.
Ralf Graber